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15.04.2011

Was sind Kostenfallen im Internet?

Fragen und Antworten



Sogenannte Kosten- oder Abofallen im Internet haben in letzter Zeit stark zugenommen. Unseriöse Unternehmen verschleiern in diesen Fällen bewusst die Entgeltpflichtigkeit ihrer Angebote. Verbraucherinnen und Verbraucher können daher nur schwer erkennen, dass eine Leistung etwas kosten soll, und landen beim Surfen im Internet in der Kostenfalle.

Kostenfallen treten in vielgestaltiger Art und Weise auf: So werden zum Beispiel Angebote als "gratis", "free" oder "kostenlos" angepriesen oder als unverbindliche Gewinnspiele getarnt. Die Aussage "Jetzt gratis Zugang einrichten" mag zwar vordergründig zutreffen. Die eigentlich interessante Leistung, etwa das Herunterladen von Daten, gibt es aber nur gegen Entgelt. Die Information über die Entgeltpflichtigkeit findet sich dann an versteckter Stelle auf der Internetseite. Sie wird z. B. in kleiner Schrift gehalten, in einem mit einem * gekennzeichneten Text versteckt oder erscheint auf dem Bildschirm des Verbrauchers auf Grund eines Seitenumbruchs nur nach weiterem Scrollen.

In der Regel betreffen Internetkostenfallen Dienstleistungen, die an anderer Stelle im Internet entgeltfrei angeboten werden (etwa Erstellung eines Horoskops, Teilnahme an einem Intelligenztest, Ahnenforschung, Möglichkeit zum Download von Freeware oder Kochrezepten). Die Erwartungshaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher, das Angebot sei entgeltfrei, nutzen die Unternehmen aus. In vielen Fällen ist dabei auch eine längere Vertragslaufzeit vorgesehen (deshalb auch "Abofallen"). Darüber hinaus gibt es Angebote, die sich gezielt an Kinder und Jugendliche richten (etwa Hausaufgabenhilfe).

Erst wenn die Rechnung ins Haus flattert, folgt das böse Erwachen. Aus Unkenntnis der Rechtslage zahlen viele Verbraucherinnen und Verbraucher. In vielen Fällen fühlen sie sich auch durch Inkassobüros und Rechtsanwälte, die die (vermeintlichen) Zahlungsansprüche durchsetzen wollen, unter Druck gesetzt.

2. Wie schützt das geltende Recht Verbraucherinnen und Verbraucher?

Das geltende Recht bietet viele Möglichkeiten, sich gegen Anbieter von Internetkostenfallen zur Wehr zu setzen. Oft wird es bereits an einem wirksamen entgeltpflichtigen Vertrag fehlen (siehe a). Aber auch dann, wenn ein Vertrag zustande gekommen sein sollte, können sich Verbraucherinnen und Verbraucher in vielen Fällen durch Anfechtung (siehe b) oder Widerruf (siehe c) von dem Vertrag lösen. Kosten, die infolge der außergerichtlichen Abwehr der vermeintlich bestehenden Forderung entstanden sind, insbesondere Anwaltskosten, muss der Betreiber des Portals oder der die Forderung beitreibende Rechtsanwalt u. U. ersetzen (siehe e). Darüber hinaus können die Verbraucherzentralen und die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs effektiv gegen unseriöse Unternehmen vorgehen (siehe Punkt 4). Auch die Verhängung von Geldbußen gegen solche Unternehmen ist je nach Einzelfall möglich (siehe Punkt 4 Absatz 6).

a) Ist überhaupt ein wirksamer entgeltpflichtiger Vertrag zustande gekommen?

Wichtig für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist: In vielen Fällen müssen sie überhaupt nicht zahlen. Denn ein gültiger Vertrag über eine entgeltpflichtige Dienstleistung ist nicht zustande gekommen. Voraussetzung für einen solchen Vertrag ist nämlich, dass beide Parteien übereinstimmende Willenserklärungen abgeben, die alle wesentlichen Punkte - also auch den Preis - enthalten.

Ergibt sich die Zahlungspflicht nur aus dem Kleingedruckten, den sogenannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wird sie nur dann Bestandteil eines Vertrages mit Verbraucherinnen und Verbrauchern, wenn der Internetanbieter ausdrücklich auf die AGB hingewiesen hat. Außerdem muss er Verbraucherinnen und Verbrauchern die Möglichkeit verschaffen, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Dies ist nur dann der Fall, wenn die AGB so gestaltet sind, dass sie für Durchschnittskunden mühelos lesbar sind und ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit aufweisen. Auch wenn eine Klausel so ungewöhnlich ist, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mit ihr zu rechnen brauchen (sogenannte überraschende Klausel), wird sie nicht Vertragsbestandteil. Im Übrigen gilt: Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Zahlungsverpflichtungen in AGB können damit aus vielerlei Gründen unwirksam sein.

In jedem Fall begründet eine einseitige Rechnungsstellung des Internetanbieters ohne vertragliche Grundlage keine Zahlungspflicht. Will der Anbieter einen Zahlungsanspruch geltend machen, muss er beweisen, dass eine wirksame Einigung über eine entgeltpflichtige Leistung erzielt wurde. Das wird ihm in vielen Fällen nicht gelingen.

b) Kann ein wirksam geschlossener Vertrag angefochten werden?

Selbst wenn im Einzelfall doch ein Vertrag zustande gekommen sein sollte, können Kunden ihre Vertragserklärung unter Umständen anfechten. Voraussetzung ist, dass sie sich nicht bewusst waren, einen entgeltpflichtigen Vertrag zu schließen (Anfechtung wegen Irrtums). Gleiches gilt, wenn die Internetseite so gestaltet war, dass der Verbraucher durch Täuschung zur Abgabe seiner Vertragserklärung bestimmt wurde (Anfechtung wegen Täuschung). Wird in diesen Fällen rechtzeitig die Anfechtung erklärt, ist der Vertrag als von Anfang an nichtig anzusehen mit der Folge, dass keine vertragliche Zahlungspflicht besteht. Zwar hat der Anfechtende bei einer Anfechtung wegen Irrtums dem Vertragspartner grundsätzlich den Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hat. Die Schadensersatzpflicht tritt jedoch dann nicht ein, wenn der Beschädigte den Grund der Anfechtung kannte oder kennen musste.

c) Kann der Vertrag widerrufen werden?

Darüber hinaus können Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet geschlossene Verträge, sogenannte Fernabsatzverträge, regelmäßig widerrufen. Widerruft der Verbraucher den Vertrag fristgerecht, braucht er ihn nicht zu erfüllen. Die Widerrufsfrist beträgt abhängig von den Umständen des Einzelfalles 14 Tage oder einen Monat und beginnt jedenfalls nicht, bevor der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform (etwa als E-Mail oder per Telefax) erhalten hat. Von diesen Vorschriften dürfen Anbieter grundsätzlich nicht zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher abweichen.

Eine wichtige Verbesserung für Verbraucherinnen und Verbraucher sieht das am 4. August 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen (Auszug BGBl.) vor: Bislang entfiel das Widerrufsrecht bereits dann, wenn der Unternehmer mit Zustimmung des Verbrauchers mit der Ausführung seiner Dienstleistung begonnen hatte oder der Verbraucher diese selbst veranlasst hatte. Dies war z. B. der Fall, wenn der Verbraucher Daten aus einer Datenbank abgerufen hatte. Nach neuer Rechtslage können Verbraucherinnen und Verbraucher, die über ihr Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden sind, Verträge über Dienstleistungen noch bis zur vollständigen Vertragserfüllung durch beide Vertragsparteien widerrufen. Das bedeutet, dass ein Verbraucher den Vertrag im Fall einer fehlenden Belehrung über das Widerrufsrecht vor vollständiger Zahlung in jedem Fall widerrufen kann. Wird der Verbraucher über sein Widerrufsrecht bei oder nach Vertragsschluss belehrt, beginnt zu diesem Zeitpunkt die Widerrufsfrist. Innerhalb dieser Frist kann er den Vertrag widerrufen, solange dieser noch nicht vollständig erfüllt ist. Wertersatz für die bereits (teilweise) erhaltene Dienstleistung muss er in diesem Fall nur dann leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf die Wertersatzpflicht hingewiesen worden ist und dennoch einer Ausführung der Dienstleistung vor Ende der Widerrufsfrist ausdrücklich zugestimmt hat. Dies wird bei Kostenfallen jedoch regelmäßig nicht der Fall sein. Weitere Informationen zu der finden Sie hier

d) Wie sieht es aus, wenn Minderjährige in eine Kostenfalle geraten?

Oft surfen Minderjährige selbständig im Internet und können daher ebenfalls leicht in eine Kostenfalle geraten. In diesen Fällen gilt: Wenn der Minderjährige das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist der Vertrag mit dem Internetanbieter in jedem Fall nicht zustande gekommen, da der Minderjährige überhaupt nicht geschäftsfähig ist.

Nach Vollendung des siebten Lebensjahres bis zur Volljährigkeit wird ein durch den Minderjährigen geschlossener Vertrag nur wirksam, wenn die gesetzlichen Vertreter (in der Regel die Eltern) dem Vertragsschluss zustimmen.

Dass der Internetanbieter für den Fall, dass der Minderjährige eine falsche Altersangabe gemacht hat, mit einer Anzeige wegen Betrugs droht, ist für die Frage des Vertragsschlusses unerheblich.

e) Besteht ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Rechtsverteidigung?

Verteidigt sich ein Verbraucher, der in eine Kostenfalle geraten ist, gegen einen vermeintlichen Zahlungsanspruch kann er u. U. die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverteidigung, insbesondere seine Anwaltskosten, ersetzt bekommen. Einige Zivilgerichte haben einen solchen Schadensersatzanspruch sowohl gegen den Betreiber des Portals als auch gegen den mit dem Inkasso beauftragten Rechtsanwalt ausdrücklich anerkannt (AG Marburg, Urteil vom 8.2.2010 Az.: 91C 981/09; AG Karlsruhe, Urteil vom 12.8.2009 Az.: 9 C 93/09; AG Bonn, Urteil vom 12.2.2010 Az.: 103 C 422/09; anders allerdings: AG Karlsruhe, Urteil vom 18.2.2010, Az. 7C 261/09). Begründet wurde dies damit, dass ein betrügerisches Verhalten bzw. eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung vorliege. Voraussetzung für die Haftung eines Inkassoanwalts ist jedoch, dass dieser Kenntnis von der Aufmachung des Internetportals hatte.

3. Macht sich der Internetanbieter strafbar?

Im Einzelfall kann sich der Internetanbieter durch die Gestaltung seiner Internetseite wegen (versuchten) Betruges strafbar gemacht haben. Die Anforderungen dafür sind hoch und der Nachweis nicht immer ganz einfach. Jedoch hat das Oberlandesgericht Frankfurt/M. (Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank) entschieden, dass ein Betrug vorliegen kann, wenn die Entgeltlichkeit des Angebots auf der Internetseite nur schwer erkennbar ist und es der Betreiber darauf anlegt, dass der Verbraucher dies übersieht.

Sollte der Internetanbieter in einem Rechtsstreit (etwa auf Zahlung aus einem (vermeintlich) geschlossenen entgeltlichen Vertrag) falsche Behauptungen aufstellen, um sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, begeht er - abhängig von den genauen Umständen des Einzelfalles - zumindest einen versuchten Prozessbetrug.

4. Wie kann unseriösen Unternehmen Einhalt geboten werden?

Verbraucherinnen und Verbraucher werden regelmäßig in eine Kostenfalle gelockt, weil die Internetseite den Anschein erweckt, das Angebot sei kostenlos. In einem solchen Fall liegt in der Regel ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor, weil die Werbung eines Unternehmers irreführend ist.

Verbraucherinnen und Verbraucher müssen ein solches Geschäftsverhalten nicht hinnehmen. Sie können und sollten sich an die örtlich zuständige Verbraucherzentrale oder die Wettbewerbszentrale wenden. Diese können effektiv auf einen Wettbewerbsverstoß reagieren:

So können die Verbraucherzentralen oder die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Klage auf Beseitigung oder Unterlassung erheben. Wird das Unternehmen erfolgreich verurteilt, hält sich aber nicht daran, wird regelmäßig ein Ordnungsgeld verhängt werden können. Dieses kann bis zu 250.000 Euro betragen.

Darüber hinaus können die Verbraucherzentralen oder die die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs bei vorsätzlichem Handeln des Unternehmens je nach Einzelfall ein Verfahren zur Gewinnabschöpfung einleiten. Damit wird verhindert, dass ein Unternehmen den aus dem Wettbewerbsverstoß erzielten Gewinn behalten darf.

Sowohl die Verbraucherzentrale als auch die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs üben ihre Rechte nachdrücklich und auch mit Erfolg aus wie jüngste Entscheidungen in der Praxis zeigen (Verfahrensübersicht der Verbraucherzentrale). Aber nicht nur auf diesem Weg kann gegen unseriöse Unternehmen vorgegangen werden. Auch Geldbußen gegen solche Unternehmen sind möglich: Kostenfallen werden in den meisten Fällen auch gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) verstoßen. Diese regelt im Wesentlichen, wie Waren und Dienstleistungen hinsichtlich des Preises gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern auszuzeichnen sind. Oberste Priorität genießt der Grundsatz der Preisklarheit und Preiswahrheit. Die Preise müssen dem jeweiligen Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet werden sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar sein. Verstöße gegen die Preisangabenverordnung können eine Ordnungswidrigkeit darstellen und mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Zuständig für die Verfolgung dieser Ordnungswidrigkeit sind die Landespreisbehörden.

Liegen Tatsachen vor, die die Betreiber der Kostenfallen oder den Geschäftsführer als unzuverlässig erscheinen lassen, kann schließlich nach der Gewerbeordnung die Ausübung des Gewerbes durch die zuständige Behörde untersagt werden, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist. Setzen die Kostenfallenbetreiber ihr Treiben trotz einer solchen Untersagung fort, begehen sie eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet werden kann.

Quelle:Bundesministerium der Justiz
Internetredaktion des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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